Zufall und Zeitgeist standen günstig für die Gründung eines Turnvereins in dieser ausgesprochen ländlichen Gegend mit den weit gestreuten Weilern und Siedlungen. In den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg geriet man unter den Einfluss und Druck der deutschen Grossmachtpolitik, die zur Folge hatte, dass sich in weiten Kreisen der Bevölkerung ein erfreuliches Gefühl der Zusammengehörigkeit ausbreitete. Mit Blick auf kommende Gefahren wurde jegliche körperliche Erziehung sehr ernst genommen, weil Wehrbereitschafft ein Erfordernis der Zeit war. Im ganzen Kanton entstanden deshalb «Vorunterrichtsriegen» für die Jungen.
Der Zufall wollte es, dass 1937 der turnbegeisterte Fritz Zuberbühler als Unbekannter mit seiner Familie in unsere Gemeinde übersiedelte und hier bald mit dem Einheimischen Fritz Etter eine freie Vorunterrichtsriege gründen konnte. Das war nicht selbstverständlich, weil in dieser ländlich-bäuerlichen Gegend die jungen Burschen durch ihre Mithilfe auf den Höfen auf eine natürliche Weise zu einer sinnvollen Ertüchtigung gekommen sind. Durch das Vorbild dieser Riege und deren initiativen Betreuer einerseits und andererseits durch das Bedürfnis nach kameradschaftlichem Zusammensein in gefahrenvoller Zeit, entwickelte sich im Kreise ehrenwerter junger Männer die Idee zur Gründung eines Turnvereins.
Aus welchem Geiste heraus dieser Verein schliesslich entstanden ist, erfährt man auf fast ergreifende Weise durch einen Bericht, den Fritz Etter 1948 zum 10-jährigen Jubiläum verfasste: «Ein herrlicher Sommerabend, überall Grillengezirp! Flimmernde Lichter strahlten am Firmament in der warmen Nachtluft des 1. August 1938 zum Himmel empor. Überall wurde von Vaterlandsliebe und Freiheit gesprochen. Mit wehmütigem Blick verfolgten die Augen der beiden Fritz die schlichte Augustfeier, welche durch einige Vorträge des Schüler- und Männerchors bei einem Funkenfeuer unweit der Strasse oberhalb Langrickenbach bereichert wurde. Wie schön wäre doch eine Abwechslung durch eine turnerische Produktion! Frisch gewagt ist halb gewonnen schon am folgenden Dienstag, 9. August fanden sich 12 junge Burschen in der trauten Stube des Fritz Zuberbühler in Obergreut zu einer allfälligen Gründungsversammlung zusammen. Es waren dies: Willi Brugger und Willi Strähl (Rutishausen), Emil und Fritz Zingg (Neuhof), Hans Gimmi (Waldhof), Albert Stacher (Belzstadel), Fritz Zuberbühler (Greut), Fritz und Willi Etter (Bruster), Fritz und Hans Röhtlisberger sowie Jakob Soller (Eggethof). Die erste Frage lautete: Wollen wir einen Turnverein bilden oder nicht? Diese wurde mit einem eindrucksvollen Ja beantwortet!» Als erste Vorstandsmitglieder wurde gewählt:
Präsident: Zingg Emil
Aktuar: Strähl Willi
Kassier: Etter Fritz
Oberturner: Zuberbühler Fritz
Materialverwalter: Röthlisberger Hans
Beisitzer: Soller Jakob
Da man sozusagen aus dem Nichts heraus die Gründung beschlossen hatte, folgten nun die notwendigen Nacharbeiten: Statuten mussten erstellt, Beiträge festgelegt und zur weiteren finanziellen Absicherung um Passivmitglieder geworden werden. Dann brauchte es ferner einen Turnplatz und einen Turnraum nebst Geräten. Im Einverständnis mit der Schulgemeinde wurde beim Schulhaus im Frondienst und im kameradschaftlichen Geist ein geeigneter Platz erstellt, der selbstverständlich auch der Schule zugutekam. Fritz Etter berichtet in seinem Rückblick: «Nun hiess es frisch ans Werk. Rund 300 m3 Erdaushub lagen dem Verein auf dem Buckel. Jeweils abends nach dem Feierabend begaben sich die Turner zu ihrer Frondienstarbeit auf dem Turnplatz. Stets waren 2 Pferdegespanne und 4 Wagen zur Stelle. Bis spät in die Nacht hinein wurde gearbeitet. Es kostete manchen Schweisstropfen! Am nötigen Durst fehlte es meistens auch nicht! Manchmal bildete ein gemütlicher Hock den Abschluss des Tagewerkes und manchmal musste noch schnell ein Wagen vor dem sonntäglichen Tagesanbruch versorgt werden.»
Als Turnlokal durfte eine Scheune (Besitzer Lehrer Lang) im Obergreut benutzt werden. Man kann sich wohl vorstellen, wie an kalten Winterabenden die Bise durch die Ritzen blies und die körperliche Bewegung die einzige Heizung im Lokal war. Die Geräte wurden gegen Entgelt bei einer Nachbarssektion gemietet. Dass trotz aller Anfangsschwierigkeiten der Verein sehr bald ein gutes Echo hatte, zeigt die Tatsache, dass im ersten Vereinsjahr bereits 22 neue Mitglieder hinzukamen und eine Jugendriege gegründet wurde. Als Vereinslokal bestimmte man das Restaurant zum Säntisblick im Eggethof.